Beruf Radmechanikerin

Dieser Beitrag ist Teil des Projektes »EMCY – Enabling migrants to cycle«.

EMCY sucht Antworten auf die Frage: Wie können wir Migrant:innen für die Forschung erreichen, anhand des Themas Radfahren im Alltag? Dafür werden Workshops bei Kooperationspartner:innen durchgeführt. Wie zum Berufsbild Radmechanikerin bei Peregrina.

Peregrina, 1984 als eine der ersten Migrant:innenorganisationen in Wien gegründet, begleitet migrantische Frauen in Österreich. Peregrina ist unserer Einladung gefolgt, Teil des EMCY-Projekts zu werden. Bei ihrer Berufsberatung für Frauen erwähnen sie auch den Beruf der Radmechanikerin. Der Beruf der Radmechanikerin gehört zu den »Green Jobs«: nachhaltige Verkehrsmittel, wachsende Umsätze, ein Beruf mit Zukunft.

6,5 Millionen Fahrräder gibt es in Österreich, rechnerisch haben damit zwei von drei Menschen ein Fahrrad. Jährlich kommen 400.000 dazu, mehr als die Hälfte davon sind E-Bikes. In Wien nutzt jede:r Zehnte das Fahrrad im Alltag, der Anteil am Gesamtverkehr (Modal Split) liegt bei 11 Prozent.

Bei Peregrina im Simmeringer Kopalviertel

Im Schulungsraum im Erdgeschoss bei Peregrina, Mitte Juni. Es ist Mittag, der Raum füllt sich, später stoßen noch ein, zwei Frauen zum Workshop dazu. In der Begrüßungsrunde zeigt sich: Einige Frauen können Rad fahren, andere möchten es lernen – brauchen dafür aber Unterstützung. Ein Jugendlicher ist ebenfalls dabei. Peregrina hat offen eingeladen: Frauen aus dem Deutschkurs, aus anderen Kursen, Familienangehörige – alle Interessierten sind willkommen. Im ersten Teil des Workshops geben wir einen Überblick über das Berufsbild und füllen gemeinsam den Fragebogen für EMCY aus.

Peregrina liegt etwas versteckt, doch der Schulungsraum führt direkt in den Hof. Das Wetter spielt mit: kein Regen, fast schon heiß – ideale Bedingungen für unseren Workshop, der Theorie und Praxis verbindet. Andreas Röderer, Radmechatroniker und Ausbilder, beginnt mit den Grundlagen: Er erklärt die wichtigsten Teile des Fahrrads und was nötig ist, um sicher im Straßenverkehr unterwegs zu sein. Zuerst nimmt er Osmans Fahrrad unter die Lupe. Danach folgen weitere Checks und kleine Reparaturen. Einige der Frauen beobachten aufmerksam.

Die direkte Verbindung mit der Praxis gefällt unserer Ansprechperson bei Peregrina. Kontakte werden ausgetauscht und weitere Workshops abseits von EMCY könnten folgen. Zudem ist eine Kooperationspartnerin von Peregrina aus Thüringen zu Besuch, die Radworkshops mit Migrant:innen in Gotha planen.

Wie werde ich Radmechatronikerin?

Radmechanikerin heißt heute Fahrradmechatronikerin – mit dem Trend zum E-Bike hat sich das Berufsbild stark verändert. Vom Schrauben bis zum Prüfen elektronischer Systeme – so erklärt es Andreas Röderer, mit dem wir den Workshop durchführen.

Wer gern Fahrräder repariert, kann in Österreich mit einem Gewerbeschein eine Werkstatt eröffnen. Die Hürden dafür sind gering, denn es handelt sich um ein freies Gewerbe. In Deutschland und der Schweiz gelten strengere Regeln. In Deutschland ist ein Meistertitel Pflicht, da es ein zulassungspflichtiges Gewerbe ist. In der Schweiz braucht man eine Ausbildung als Fahrradmechanikerin, vier Jahre Berufserfahrung und weitere Qualifikationen. Wer in Wien Fahrradmechatronikerin werden möchte, hat mehrere Wege, diesen Beruf zu erlernen und einzusteigen. Die Ausbildungsdauer variiert von wenigen Wochen bis zu 20 Monaten. Dafür stehen teils Förderungen bereit. Seit dem 1. August 2019 gibt es in Österreich den Lehrberuf Fahrradmechatronikerin.

Ein Beispiel ist der 3-wöchige Basiskurs am Wifi, dem Wirtschaftsförderungsinstitut für Erwachsenenbildung. Dieser Kurs findet im Winter statt, entweder von Oktober bis Dezember oder von Jänner bis März, als Tages- oder Abendkurs. Die Kosten betragen 3.100 Euro. Jugend am Werk bietet eine 20-monatige Teilzeitausbildung speziell für Frauen an. Die Radstation am Hauptbahnhof mit angeschlossener Werkstatt ist ein sozioökonomischer Ausbildungsbetrieb. Hier dauert die Ausbildung sechs Monate. Das Arbeitsmarktservice (AMS) fördert zudem Arbeitstrainings von einem bis zu drei Monaten.

Nach der Ausbildung empfiehlt sich ein Praktikum oder einfache Tätigkeiten in einem Fahrradgeschäft. Beim Montieren neuer Fahrräder für den Verkauf sammelt man wertvolle Routine, die bei Reparaturen hilft. Eine weitere Anlaufstelle ist die Selbsthilfewerkstatt im WUK. Dort kann jede:r erst einmal selbst Fahrräder reparieren und erhält Unterstützung sowie Tipps von den Werkstattbetreuer:innen.

Infos zum Projekt EMCY »Enabling migrants to cycle«

EMCY untersucht die Haltungen, Hürden und Bedürfnisse zum Radfahren von Migrant:innen und Nicht-Migrant:innen in Wien. Auf Basis der Erhebungen entwickelt das Team bestehend aus stape e.U. URBAN CONSULTING (Lead), der Technische Universität Wien, der Universität Wien und klarFAKT e.U. Empfehlungen für weitere Maßnahmen.


Wir danken unserem Kooperationspartner Peregrina in Simmering mit denen wir zum Workshop Berufsbild Radmechanikerin einluden, den Andreas Röderer im Auftrag von EMCY durchführte.


Dieses Projekt wird aus Mitteln der FFG gefördert. www.ffg.at



Autorin: Beatrice Stude mit Andreas Röderer

Fotos Peregrina beim Workshop Berufsbild Radmechanikerin in Kooperation mit Andreas Röderer.

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