Radfahren, Gender und Migration

Dieser Beitrag ist Teil des Projektes »EMCY – Enabling migrants to cycle«.

Im Projekt EMCY erforschen wir wie Radfahren und Migration zusammenwirken und legen dabei besonderen Wert auf Geschlechterinklusion. Hier geben wir Einblicke in die Fachliteratur.

»Gender-Cycling-Gap« in Europa

In vielen europäischen Städten fahren Männer häufiger Fahrrad als Frauen. Studien zeigen
geschlechtsspezifische Unterschiede im Radfahrverhalten und in der Nutzung der Radverkehrsinfrastruktur (Caroll et al 2020; Prati et al 2019).

Auch in Wien fahren Männer öfter mit dem Fahrrad als Frauen. Im Durchschnitt der Jahre 2015 bis 2019 wurden 6,9 Prozent der Wege mit dem Fahrrad zurückgelegt, 38,2 Prozent mit öffentlichen Verkehrsmitteln, 27,5 Prozent mit dem Auto oder Motorrad und 27,4 Prozent zu Fuß. Dabei gibt es klare Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Schon in den Jahren 2010–2014 legten Männer 7 Prozent ihrer Wege mit dem Fahrrad zurück, und zwischen 2015 bis 2019 stieg der Radanteil der Männer auf 9 Prozent. Bei Frauen blieb der Radanteil unverändert bei 5 Prozent (Heller, J., 2021, 7).

Befragte Wienerinnen nannten als Gründe fürs Nicht-Radeln, dass sie kein Fahrrad besitzen oder Angst im Verkehr haben (Mobilitätsagentur Wien, 2014, 17).

»Gender-Cycling-Gap« unter Migrant:innen in Wien

Studien aus Österreich, Deutschland und den Niederlanden zeigen, dass ein »Gender-Cycling Gap« auch unter Migrant:innen existiert. Frauen aus nicht-EU-Ländern nutzen seltener Fahrräder als Frauen ohne Migrationshintergrund und Männer aus nicht-EU-Ländern. Sie greifen häufiger auf öffentliche Verkehrsmittel zurück (Assum et al 2011; Harms 2007; Fassman und Reeger, 2014).

Migrantinnen aus Europäischen und nicht-Europäischen Ländern in Wien berichten von folgenden Barrieren beim Radfahren: fehlende Fahrräder, Angst vor dem Straßenverkehr, Angst zu stürzen und sich zu verletzen, oder Angst, einen Zusammenstoß zu verursachen. Geflüchtete mit traumatischen Erfahrungen aus dem Krieg haben manchmal gesundheitliche oder emotionale Probleme und hatten vielleicht in ihrer Kindheit nicht die Möglichkeit, sich sicher zu bewegen. Frauen, die ein Kopftuch tragen, berichten von Sorgen über soziale Ausgrenzung im öffentlichen Raum (Segert et al. 2015).

Trotz der Barrieren sind befragte Migrantinnen oft motiviert, das Fahrradfahren zu lernen. Dabei geht es ihnen nicht nur darum, sich fortzubewegen, sondern auch darum, etwas für ihren Körper und ihre Gesundheit zu tun (Segert et al. 2015).

»Gender-Cycling-Gap« überwinden

In Wien unterstützen Organisationen Frauen und neue Wienerinnen beim Radfahren. Beispiele sind Familien- und Eltern-Kind-Radfahrkurse von Schulterblick – Die Radfahrschule, Frauen-Radfahrkurse von FahrSicherRad und des ÖAMTC.

EMCY untersucht die Haltungen, Hürden und Bedürfnisse zum Radfahren von Migrant:innen und Nicht-Migrant:innen in Wien. Auf Basis der Erhebungen entwickelt das Team bestehend aus stape e.U. URBAN CONSULTING (Lead), der Technische Universität Wien, der Universität Wien und klarFAKT e.U. Empfehlungen für weitere Maßnahmen.


Dieses Projekt wird aus Mitteln der FFG gefördert. www.ffg.at



Autorin: Sanderien Verstappen

Foto von Helen Vaaks beim Radfahrkurs mit Fremde werden Freunde in Kooperation mit Schulterblick – Die Radfahrschule.

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