Eröffnungsrede – Auftakt weitere Entwicklung am Nordbahnhof

Sie. Sie. Sie alle tragen Verantwortung!

Verantwortung für unsere Lebensqualität, für unsere Zufriedenheit.

Sie planen, entscheiden, genehmigen und bauen. Unser Alltagsumfeld, unseren Lebensraum.

Ich darf hier stellvertretend stehen, stellvertretend für die Menschen am Nordbahnhof. Die Menschen die hier leben, leben werden und künftige Generationen. Ich steh hier stellvertretend für die IG Lebenswerter Nordbahnhof.

Sie sind die nächsten Jahre hier beschäftigt.

Wir sind die nächsten Jahrzehnte hier. Wir leben hier!

Deswegen wollen wir unser lokales Expertenwissen einbringen, so wie wir es die letzten Jahre schon getan haben. Wir wollen unsere Zukunft mitgestalten: Wir wollen das Gutes erhalten bleibt, Versäumnisse nachgeholt und Fehler vermieden werden.

Statt der monofunktionalen Wohn- und Schlafsiedlung wollen wir ein lebendiges Stadtquartier. In den 90er Jahren war Nutzungsmischung bereits im Leitbild festgeschrieben. Gut, wenn ich die Büroblöcke an der Lassallestraße und die Wohnblöcke im Nordbahnviertel zusammentue, dann hab ich Nutzungsmischung. Rein rechnerisch. Aber nicht spürbar im Grätzl.

Statt der autogerechten Gestaltung des öffentlichen Raumes wollen wir attraktiven öffentlichen Raum – fuß- und fahrradgerecht.

Wir wollen das aus dieser Insel Nordbahnviertel ein Quartier mitten in der Stadt wird. Das angebunden ist durch kurze Wege an die benachbarten Viertel. Das angebunden ist an guten Öffi-Verkehr. Das die Öffis durchs Quartier fahren und nicht mittendrin enden oder vorbeiführen.

Statt trister EG-Zonen, wo sich Müllräume mit Fahrradräumen abwechseln, wollen wir einen lebendigen Stadtsockel, so wie er auch in der gewachsenen Stadt vorhanden ist – mit Nutzungsmischung.

Statt Monotonie wollen wir Kleinteiligkeit. Die Wohnbaufassaden, die gleich gestaltet sind, meist über 100 Meter, schaffen keine Abwechslung. Doch Abwechslung braucht der zu Fuß gehende Mensch. Der will alle 5 Sekunden Abwechslung, sonst geht er schneller. Monotonie will man entfliehen. Kleinteiligkeit hingegen lädt ein: zum Spazieren, zum Entdecken, ja zum Verweilen.

Statt einen Park vom Reißbrett, wollen wir Freiraum, der an die Geschichte des Ortes anknüpft. Wir alle mögen den Rudolf-Bednar-Park, aber die Gstettn hat soviel einzigartiges Potenzial.

Es leben schon viele Menschen hier, viele werden noch hinzukommen. Hier entsteht eine mittlere oder gar große Gemeinde, je nachdem mit was Sie messen. Wir wollen ein Zentrum fürs Grätzl. Eines mit sozialen Aspekten, wie zum Beispiel einer Bücherei. Und natürlich wollen wir ein kulturelles Angebot.

Wir wollen ein resilientes Stadtquartier. Resilient, das heißt widerstandsfähig und robust, aber auch flexibel, das auf sich ändernde Nutzungsansprüche eingehen kann. Ein Grätzl das attraktiv ist und ein Angebot bietet, dass man im Grätzl Zeit verbringt. Zeit um seine NachbarInnen kennen zu lernen. Damit sich Gemeinschaft herausbilden kann. Und damit Zusammenhalt. Und Zusammenhalt werden wir in Zukunft brauchen können. Für all die Herausforderungen, die eine sich immer schneller verändernde Welt mit sich bringt. Denn diese lassen sich gemeinschaftlich leichter meistern.

Zugegeben: Keine leichte Aufgabe!

Doch wir haben bereits einen guten Rahmen, ein tolles Leitbild, einen neuen Prozess, für den der Kickoff hier den Auftakt darstellt.

Hier ist eine große Chance gemeinsam ein lebendiges und lebenswertes Quartier zu schaffen. Eine Chance, dass jede und jeder seinen Teil zum großen Ganzen beiträgt. Nicht als fragmentierte Teile, sondern abgestimmt – als Puzzlestücke, die ineinandergreifen. Abgestimmt, auch da wo die Akteure wechseln. Abgestimmt, auch dort wo zeitlich versetzt erst weiterentwickelt werden kann.

Auf dem Weg dorthin – in der Bearbeitung Ihrer Aufgabe – werden Sie sicher auch mal zu hören bekommen: „Das geht nicht! Das haben wir schon immer so gemacht!“ – Wir möchten Sie auffordern: Seien Sie kreativ! Nutzen Sie die vorhandenen Spielräume zum Ausverhandeln. Wo keine Spielräume sind – schaffen Sie welche!

Es lohnt sich!

Sie kreieren hier Lebensqualität für die Menschen die hier leben, leben werden und künftige Generationen.

Und wir, wir werden es Ihnen danken!

Im Jänner 2018 Rede für ‘Lebenswerter Nordbahnhof‘ gehalten beim Auftakt für die nächste Phase des Entwicklungsprozesses, des Nordbahnviertels in Wien.